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@ FIFA

Veröffentlicht am 07.06.2015

@ FIFA: Nun wird also der Augiasstall ausgemistet. Herkulische Saubermänner und -frauen vom amerikanischen Olymp greifen zum Besen. Die Frage ist: Warum erst jetzt? Bedurfte es tatsächlich eines moribunden whistleblowers und seines Geständnisses? Hätte man nicht schon früher jenen Druck aufbauen können, der nun seitens der USA ausgeübt wird? Spielen doch geopolitische Motive eine Rolle, soll dem Kreml die WM und damit eine Möglichkeit, sich international zu profilieren, entzogen werden? Oder werden schlicht ein paar rituelle Bauernopfer erbracht, damit es wie in Viscontis Der Leopard am Ende heissen kann: „Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist“?

Tatsache ist: Am Beispiel der FIFA zeigt es sich, dass wir immer noch in einer Problemlösungs- und nicht in einer Problemvermeidungskultur leben. Anstatt eine auf Machtkonzentration basierende, ihre Geschäfte pseudoreligiös-pseudohumanistisch verbrämende und Steilvorlagen zur Korruption bietende Organisation wie die FIFA gar nicht erst entstehen zu lassen, begnügt man sich damit, erst auf dem Gipfel des Unerträglichen einzuschreiten. Solange ein Großteil der Involvierten direkt oder indirekt profitierte, bestand kein Handlungsbedarf. Nun aber, da andere Motive an Gewicht gewinnen und angesichts der Lecks im Funktionärsrumpf kein Weg mehr daran vorbeiführt, werden sich wieder mal Staatsanwälte als strahlende Ritter inszenieren können, wird wieder mal das diskursive Sedativum in die Blutgefäße der Medienkultur injiziert werden, Gerechtigkeit und Anstand obsiegten am Ende eben doch. Leider erst am Ende.

Der Umgang mit der FIFA erinnert an eine Politik, die sich auf Einsätze in Krisengebieten spezialisiert, ohne die Ursachen der Krisen zu erkennen und zu bekämpfen; sie ähnelt einer Krebsmedizin, die in der Tumoroperation exzelliert, aber keine Strategien zur Prävention von Tumoren entwickelt hat. Man lässt sich die karzinogenen Speisen munden – sie schmecken schließlich so herrlich! –, so lange es nur irgend geht, und wenn das Geschwür am Wuchern ist, greift man zum Skalpell.

Antizipieren statt intervenieren, vorausschauen statt nachtreten, vermeiden statt verklagen, Skepsis allen Heilversprechen gegenüber und kritisches Weltethos statt Klientelismus und opportunistischem Universalismus – das wären die Antidote zu unserer Blindheit für Brandstiftung und unserer Bewunderung für verspätete Brandbekämpfer. Allein, sie sind wohl auf unabsehbare Zeit nicht konkurrenzfähig. Auf kurze Sicht bieten sie dem konsumistischen Geist zu wenig Anreize. Und es ermangelt ihnen schlicht des Sex-Appeals des Mafiösen.